Die Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2011
Das Limpurger Rind

Pressemitteilung 03. Januar 2011


Limpurger Rinder, Foto: Kraft

„Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2011“ - Das Limpurger Rind

Harald Glasbrenner, Schwäbisch Hall

 

Das Limpurger Rind wurde von der Mitgliederversammlung der GEH zur „Gefährdeten Nutztierasse des Jahres 2011“ ernannt. Die GEH möchte sich an dieser Stelle vielmals bei der Züchtervereinigung Limpurger Rind für die Bereitschaft bedanken, dieses Jahr gemeinsam zu begehen.  Wir freuen uns auf viele interessante Veranstaltungen und weitere Interessenten an dieser wunderschönen Rinderrasse.

 

Die Limpurger sind die älteste Rinderrasse Baden-Württembergs

Verbreitung/Herkunft

Bekannt auch als „Leintäler“ umfasst ihr Verbreitungsgebiet im Wesentlichen die Gebiete östlich von Stuttgart wie den Raum Aalen, Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis), Gaildorf (Kreis Schwäbisch Hall) sowie den Welzheimer Wald (Rems-Murr-Kreis). Dabei handelt es sich überwiegend um die Gebiete der ehemaligen Grafschaft Limpurg, die damit der Rasse zum Namen verhalf.

In jüngerer Zeit werden Tiere auch zunehmend im Raum Schwäbisch Hall und Hohenlohe gehalten.

Die Ursprünge fand der Limpurger Schlag Literaturangaben zu Folge nach dem 30-jährigen Krieg (1618-1648) aus Kreuzungen von übrig gebliebenem Roten Landvieh mit Allgäuer Vieh.

Mit zunehmender Intensivierung der Landwirtschaft führte 200 Jahre später die Verdrängungskreuzung mit Simmentaler Vieh aus der Schweiz zum Niedergang vieler württembergischer Landschläge.

Die feingliedrigen Tiere sind einfarbig gelb in Tönung von hellgelb bis rotgelb mit hellem Flotzmaul sowie einem hellen Ring um die Augen. Dank der vorzüglichen Eigenschaften, wie die für damalige Zeiten gute Milchleistung, zartes Fleisch, feiner Knochenbau und hervorragende Brauchbarkeit als Zugtiere, trotzten die Limpurger Rinder dieser Entwicklung. Zwischen ca. 1850 und 1897 kam es zu einer Blütezeit des Limpurger Rindes und 1897 zählte man 56000 Limpurger.

Der Niedergang

Der danach einsetzende stetige Rückgang der Rinderzahlen war vielschichtig. 1925 zählte man noch rund 20000 Tiere, 1951 waren es nur noch 55 Bullen und 4400 Kühe. Dass sich das Limpurger Rind über die 1950iger Jahre hinaus dennoch halten konnte, lag hauptsächlich an ihrer vorzüglichen Eignung zur Arbeit in kleinbäuerlichen, oft sehr kargen Verhältnissen, wo man sich den Einsatz von Ochsen und Pferden nicht leiste konnte.

Die zunehmende Verbreitung des Fleckviehs als Zweinutzungsrind und die unaufhaltsam fortschreitende Mechanisierung der Landwirtschaft führten dazu, dass die hervorragenden Eigenschaften als Dreinutzungsrind (harte Klauen, Ausdauer, feines Fleisch gute Mastfähigkeit in Kombination mit dennoch respektabler Milchleistung) nicht mehr gefragt waren.

Anfang der 80iger Jahre galt das Limpurger Rind offiziell als ausgestorben.

 

Ein neuer Anfang

Nachforschungen im Jahre 1986 von Prof. Dr. Sambraus und Hans Wieland ergaben, dass noch etliche limpurgerblütige Tiere vorhanden waren. 1987 wurde mit Hilfe der GEH und dem Tierzuchtamt Schwäbisch Hall die Züchtervereinigung Limpurger Rind ins Leben gerufen.

Sie startete mit 14 Mitgliedern und 56 Kühen. Bereits 5 Jahre später, war die Zahl der Mitglieder auf 60 und die Zahl der Tiere auf 117 angestiegen.

Wertvolle Bereicherungen der Population fanden sich bemerkenswerterweise nach intensiver Öffentlichkeitsarbeit auf entlegenen Höfen, oder in einem speziellen Fall in Kirchdorf-Unteropfingen, weit außerhalb des eigentlichen Zuchtgebietes.

Die Einbindung der Züchtervereinigung an den Rinderzuchtverband Baden-Württemberg – Regionalverband Schwäbisch Hall und die damit verbundene Herdbuchführung förderte die organisatorische Entwicklung nachhaltig. Im Juli 2000 wurden dann die Zucht- und Besamungsorganisationen des Landes in der Rinderunion Baden-Württemberg zusammengeschlossen.

 

Die Zucht

Das Zuchtbuch der Limpurger ist sowohl für reinrassige als auch für eingetragene Zuchttiere in Abteilungen gegliedert. Die Zuordnung erfolgte bei der Eintragung unter Berücksichtigung von Abstammung und Leistung. Zu dem einzigen noch verbliebenen Vatertier des Limpurger Typs, dem Bullen Herzog, stellte man 3 weitere Bullen mit der Blutführung der verwandten Rassen Gelbvieh, Glan-Donnersberger und Lahnvieh zur Verfügung.

Diese Rassenverwandtschaft wurde bereits in den vergangenen Jahrhunderten zuvor schon immer wieder zur Blutauffrischung sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite verwendet.

Somit wurde der Neuanfang auf eine breite Basis gestellt und die Gefahr der Inzucht von Anfang an durch gezielte Anpaarung minimiert und bekämpft. Wertvolle Hilfe leistet hier das Anpaarungsprogramm „Optimate“, dass von der Tierärztliche Hochschule Hannover entwickelt wurde.

 

Stand heute

Heute stehen den Züchtern für die Besamung aus den vier Bullenlinien insgesamt 24 Söhne, Enkel und Urenkel zur Verfügung. Ein bedeutender Teil der Kühe wird im Natursprung gedeckt, was der Blutlinienverengung/Inzucht ebenfalls entgegenwirkt.

Mit über 400 Kühen ist die Rasse zwar nach wie vor stark gefährdet, ist aber mit stetig anwachsender Tierzahlen stabil. Nach Jahren des Aufbaus ist es heute wieder möglich, gezielt Tiere für die Zucht auszuwählen und zu selektieren. Der Milchviehbestand ist allerdings trotz Milchleistungen von 4500 bis 7000 kg leicht rückläufig.

 

Die Stärken für die Zukunft

Die Stärken in der Zukunft liegen in den Stärken der Vergangenheit. Das Limpurger Rind erfreut sich zunehmender Beliebtheit im Bereich der Mutterkuhhaltung und somit auch gerade wieder als hervorragender Fleischlieferant. Langlebigkeit, Frohwüchsigkeit, Robustheit, Ausdauer, Genügsamkeit, umgänglicher Charakter, feiner Knochenbau, gute Ausschlachtung, feinfaseriges Fleisch, durch ordentliche Milchleistungen außerordentliche Tageszunahmen der Absetzer in der MK-Haltung und die Liebe der Tierhalter zu ihren Tieren macht das Limpurger Rind zur fast perfekten Mutterkuhrasse.

In diesen Eigenschaften, die bereits im 18. Jahrhundert wohl bekannt und geschätzt waren, liegt im 21sten Jahrhundert der Schlüssel zum Erfolg für die Zukunft.

 

Sich auf alte Tugenden besinnend versucht man, zusammen mit Slow Food Deutschland den „Weideochse vom Limpurger Rind“ als Nischenprodukt den Menschen und vor allem auch der guten Gastronomie näher zu bringen. Das Slow Food Presidio (Förderkreis) Weideochse vom Limpurger Rind wurde 2009 in Zusammenarbeit mit der Züchtervereinigung Limpurger Rind e.V. gegründet und arbeitet gemäß nachhaltiger und traditioneller Methoden in der Züchtung, Haltung, Mast und Fleischreifung. Dazu wurden klare Qualitätskriterien erarbeitet. Marketing und Vermarktung stellen dabei die Züchtervereinigung vor große Herausforderungen.

Der Aufbau einer eigenen Internetseite, das Entwickeln einer Marke mit Logo, Erarbeitung von Qualitätskriterien und die Sicherung des Erreichten, sind nur ein Teil der Dinge, die die Mitglieder der Züchtervereinigung zu erbringen haben, um in der Öffentlichkeit präsent zu sein und bekannt zu werden.

So ist beispielsweise das Bereitstellen von geeigneten Tieren auf der seit 2007 jährlich stattfindenden Slow Food Messe in Stuttgart zu einem festen Programmpunkt im Jahresablauf der Züchtervereinigung geworden. Öffentliche Auftritte und der damit direkte Kontakt zur Bevölkerung ist ein absolutes Muss, um für Akzeptanz und Bekanntheit zu werben.

 

Lernort Bauernhof - ein „Arche-Hof“ ganz anderer Art

Die Zukunft gehört unseren Kindern. Nichts ist so nachhaltig wie die Arbeit mit unseren Kindern. Das Einbinden von Kindern, Schülern und Schulklassen in den alltäglichen Umgang mit Tier und Natur ist wichtiger denn je. Das Limpurger Rind als klassisches unverfälschtes Tier mit Hörnern, tollem Charakter und Gutmütigkeit bei vor allem älteren Tieren, wird in jüngster Zeit zum gefragten Lernobjekt.

Limpurger sind integriert, ob als Kuscheltier auf einem Ferienbauernhof, als Schauobjekt auf einem „Lernort Bauernhof“ , als Milchrinder im Zoologischen Garten Wilhelma in Stuttgart, als Museumstier im Freilichtmuseum Wackershofen oder als Arche-Tier (im Sinne der GEH) auf einem Schulbauernhof im Korntal bei Stuttgart.

 

Rasse des Jahres 2011 und viele andere Höhepunkte

Waren es 2010 die Slow Food Messe in Stuttgart, der Tag der alten Haustierrassen  im Hohenloher Freilandmuseum Schwäbisch Hall/Wackershofen, Historischer Markt in Lautern/Ostalbkreis, Jungviehprämierung in Wackershofen, das Landwirtschaftliche Hauptfest in Stuttgart, Salone del Gusto in Turin, so sind es 2011 neben den immer wiederkehrenden Veranstaltungen die Vorstellung auf der Grünen Woche in Berlin und die nur alle 3 Jahre stattfindende Staatsprämierung in Schechingen/Ostalbkreis und natürlich die besonderen Herausforderungen als „Rasse des Jahres 2011“, die geplant und umgesetzt werden.

 


Foto: Feldmann

Foto: Milerski

Foto: Milerski

 

Kontakt:

GEH-Geschäftsstelle: Walburger Str. 2, D-37213 Witzenhausen, Tel: 05542/1864, Fax: 05542/72560, E-Mail: info@g-e-h.de - Internet: http://www.g-e-h.de

Züchtervereinigung Limpurger Rind und GEH-Rassebetreuer: Dieter Kraft, Eckhartshäuser Str. 41, 74532 Ilshofen, Tel.: 07904/7007519, Email:  Limpurger@Rind-BW.de, www.limpurger-rind.de

 

 


 Weitere Informationen zur Gefährdeten Nutztierrasse 2011:


 

   Die Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2011 (kurz)

 

 

   Die Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2011 (mittel)

 


 Bilder zur Gefährdeten Nutztierrasse 2011:



  Bilder vom Limpurger Rind


Geschäftsstelle (GEH) -  Tel.:  05542/1864
© Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH)

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